Nie wieder Stress

Nie wieder Stress

· 1.286 Wörter · 7 Minuten Lesezeit Gedanken Bücher Leben

Jeder fühlt Stress und erkennt ihn sofort, aber nur sehr wenige denken darüber nach, was Stress eigentlich ist. Das tut ein neulich gefundener Text [1], der als Vorlage für diesen Beitrag dient.

Stress ist ein Gedanke. Und das war's auch schon. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn das stimmt, dann haben wir die vollständige Kontrolle über den Stress, denn er ist nicht etwas, das uns widerfährt, sondern etwas, das in uns geschieht.

Das Wörterbuch definiert Stress als, "körperliche oder psychische Anspannung, die aus Faktoren resultiert, die ein vorhandenes Gleichgewicht stören". Die Gedanken sind also aus dem Gleichgewicht geraten.

Die medizinische Definition von Stress lautet "die Wahrnehmung einer realen oder eingebildeten Bedrohung für deinen Körper oder dein Ego". Es könnte sein, dass dich ein Tiger jagt, oder du glaubst, dein Ehepartner ist sauer auf dich (auch wenn er oder sie es nicht ist). Ob real oder eingebildet, wenn man etwas als stressig wahrnimmt, dann erzeugt es im Körper die gleiche Reaktion.

Eine Kaskade aus Adrenalin, Hydrokortison und anderen Stresshormonen überschwemmt deinen Körper, die Folgen sind Erhöhung der Herzfrequenz und des Blutdrucks, was wiederum dein Blut früher gerinnen lässt (Verklumpung), zu Schäden am Gedächtniszentrum des Gehirns führen kann, die Ablagerung von Fett im Bauchbereich fördert und ganz allgemein verheerend auf deinen Körper wirkt.

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Die operative Beschreibung von Stress ist, dass er eine Wahrnehmung ist, bekannt auch als ein Gedanke oder eine Sichtweise. Sicherlich gibt es objektive Faktoren, die Stress auslösen können: Krieg, der Tod eines geliebten Menschen, finanzielle Schwierigkeiten, Hunger oder ein anstehender Vortrag vor Publikum. Aber wie sich das auf uns auswirkt bestimmt unsere körpereigene Stress-Reaktion. Stelle dir Woody Allen und James Bond vor, die beide mit einer Waffe bedroht werden – die gleichen Stress auslösenden Faktoren, aber wohl gänzlich unterschiedliche Reaktionen darauf.

Als ich schwer an einer Entzündung erkrankt war (es war eine chemisch induzierte Kolitis, vermutlich durch falsche Medikamentengabe verursacht), kaum in der Lage zu arbeiten oder mich zu bewegen, dachte ich, ich könne nie wieder richtig arbeiten um meine Familie zu ernähren. Das war sehr stressig, ich konnte nicht mehr richtig schlafen. Dann sagte mir jemand, ich müsse aufhören, mir Sorgen zu machen. Ja, das war mir auch klar, aber wie sollte das gehen angesichts all der Sachen die mir doch erst den Anlass dazu gaben. Aber ich nahm den Rat ernst und begann zu recherchieren und nachzudenken. Letztendlich waren es die Sorgen, die mir zu schaffen machten - als Ursache dafür sah ich all die objektiven Gründe. Aber langsam nahm ich auch wahr, dass ich dieser vermeintlichen Kausalkette nicht ausgeliefert war, sie also gar keine war. Ich würde tatsächlich selber bestimmen können, ob ich mich stressen lasse oder nicht. Aber von einer Möglichkeit zu wissen heißt nicht automatisch, sie auch ausüben zu können. Das musste ich erst noch lernen.

Allmählich trainierte ich mich, so dass ich meine Gedanken und Wahrnehmungen beobachten konnte. Wenn ein stressiger Gedanken aufkam, dann hielt ich inne, nahm einen tiefen Atemzug und versuchte, einfach los zu lassen. Das ist wie bei einem Muskel: er wird stärker je mehr man ihn benutzt, aber wenn man ihn locker lässt, dann entspannt er sich [2].

Das klingt einfacher als es ist. Tatsächlich geht das Leben weiter und es geschehen auch unerfreuliche Dinge: man wird konfrontiert mit Krankheit, Tod, Fristen, Anforderungen und Ansprüchen, blöden Ideen und dämlichen Zeitplänen. Kommt zu viel zusammen, dann verliert man leicht den Fokus und wird von negativen Gedanken überwältigt, die wiederum Stress erzeugen. Nachts wacht man dann öfters auf, hat Verspannungen und man leidet unter Stimmungsschwankungen. Wenn mir das passiert, dann versuche ich durchzuatmen und mich daran zu erinnern, dass der Stress nur in meinem Kopf entsteht. Oft haben wir eine genaue Vorstellungen davon, wie die Dinge sein sollten - oder auch nicht sein sollten, dass wir nicht loslassen können, dass es uns krank macht, wenn es anders ist.

Natürlich reagiere ich trotzdem spontan auf Ungerechtigkeit oder habe intensive Gefühle bei Freude, Glück, Traurigkeit, Verlust oder Schmerz. Ich gebe mich diesen Gefühlen auch vollständig hin, erlebe einem Moment nach dem anderen. In jedem dieser Augenblicke versuche ich so präsent wie möglich zu sein, mit meinem Selbst, meiner Liebe und Aufmerksamkeit.

Einige Menschen um mich herum wundern sich manchmal, dass ich nicht öfters gestresst bin oder zumindest so wirke. Dabei ist es recht einfach: ich versuche mir nicht zu viele Gedanken zu machen. Ich wache auf und mache was anliegt so gut ich kann.

Und wenn die Dinge außer Kontrolle geraten, was sie ja manchmal tun, dann mache ich eine sanfte 180-Grad Wende. Wie bei einem Navi. Das schreit mich auch nicht an oder beschimpft mich, wenn ich mal falsch abgebogen bin. Mit einer sanften Stimme erinnert es mich daran, bei nächsten Gelegenheit umzudrehen.

Jeder muss selber herausfinden, wie er in einer solchen Situation am besten umdrehen kann. Hier sind ein paar Dinge, die bei mir wunderbar funktionieren, und von denen ich einige fast jeden Tag mache:

  • Sich bewegen. Der beste Weg um die Stresshormone abzubauen - ohne das Denken zu ändern - ist sich zu bewegen und zu schwitzen. Laufen, tanzen, springen, Fahrrad fahren, schwimmen, sich dehnen oder Seil springen. Tu es mit voller Hingabe. Yoga ist auch sehr gut, da es Bewegung und Atmung kombiniert.
  • Atmen. Viele halten den Atem oft an oder atmen flach und verhalten. Tiefe, langsame und volle Atemzüge haben einen großen Einfluss auf den Abbau von Stress, da der Entspannungsnerv (Vagusnerv) durch das Zwerchfell geht und mit jedem tiefen Atemzug aktiviert wird. Nehme mal fünf tiefe Atemzüge und beobachte, wie du dich danach fühlst.
  • Baden. Für die Bequemen unter uns ist ein spezielles Bad eine Geheimwaffe gegen Stress. Löse 500g Magnesiumchlorid (E511, enthält das Entspannungs-Mineral Magnesium), eine halbe Tasse Natron (wird auch zum Backen verwendet) und 10 Tropfen Lavendelöl (das senkt das Hydrokortison) in einem sehr heißes Bad. Setze dich hinein und lasse das Ganze mindestens 30 Minuten wirken. Dadurch wird die Entspannung eingeleitet [3].
  • Schlafen. Ein Mangel an Schlaf erhöht die Stresshormone. Verschaffe dir 8 Stunden Schlaf, komme was wolle. Nimm ein Nickerchen wenn dir Schlaf fehlt. Nehme Schlaf ernst.
  • Anders denken. Übe die Kunst den Stress zu erkennen, zu bemerken, wie dein Denken den Stress erzeugt. Übe tiefe Atemzüge und das Loslassen von Sorgen.

Im Internet gibt es noch jede Menge weiterer Tipps, wie man Stress vermeiden oder abbauen kann. Nicht jede Lösung funktioniert für jeden, man muss für sich selber herausfinden, was gut funktioniert und was nicht. Eine Sachen, die mir noch geholfen hat war das Buch von David Allen: "Getting things done". Das gibt es auch in einer deutschen Übersetzung [4]. Statt die Dinge im Kopf hin und her zu drehen, ohne etwas tun zu können weil man vielleicht schlafen will, kann man u.a. lernen, wie man den Kopf frei bekommt für die Sachen, die man wirklich erledigen kann.

[1] https://drhyman.com/blog/2013/04/26/five-ways-to-never-be-stressed-again
[2] Yongey Mingyur Rinpoche: "Buddha und die Wissenschaft vom Glück", Arkana Taschenbuch, 2007
[3] Marc Sircus: "Transdermal Magnesium Therapy"
[4] Wie ich die Dinge geregelt kriege, ist besser auf Englisch